Projekt Beschreibung

Liebe Heilpflanzeninteressierte,

Es hat etwas länger gedauert, aber nun ist sie da: die „Gebrauchsanweisung“ für die 0.5 Liter-Kolonnendestille von Destillatio, die wir im letzten Rundbrief vorgestellt haben, in Form einer Fotoserie.. smiley

Einweichen

Wenn man getrocknete Kräuter, Hölzer, Rinden oder wie hier Orangenschalen destillieren möchte, dann ist es sinnvoll, diese 1-2 Stunden in kaltem Wasser einzuweichen.
Verzichtet man darauf, so verbleibt einiges an Wasserdampf, was man sonst als Hydrolat gewinnen könnte, an der getrockneten Droge „hängen“.
Werden frische Pflanzen verwendet, kann man diesen Schritt weglassen.

Zerkleinern

Je kleiner die Pflanzenteile geschnitten werden, um so besser wird das Hydrolat, da die Zellen mit dem ätherischen Öl besser aufgeschlossen werden können. Allzu klein, schon fast pulverisiert, wäre jedoch kontraproduktiv, weil dann das feine Pflanzenmaterial durch die Löcher in der Kolonne durchrutscht.

Vorbereiten der Destille

Die einzelnen Teile der Destille werden vorbereitet: ganz links im Bild ist der Kessel, wo das Wasser eingefüllt wird, rechts die Kolonne, die man mit dem Pflanzenmaterial befüllt und in der Mitte der sogenannte Hut, der den Dampf weiterleitet in den Kühlbecher.

Befüllen mit Wasser

Der Kessel dieser 0,5 Liter-Destille faßt – wie der Name schon sagt – ungefähr einen halben Liter. Man sollte jedoch nicht mehr als 400 ml einfüllen, da sonst das Wasser beim Erhitzen aus den Fugen der zusammengesteckten Teile drückt.
Am besten verwendet man destilliertes Wasser, so setzen sich keine Kalkreste im Kessel fest, die man dann wieder mühsam und meist nur mit kupferangreifenden Chemikalien wieder entfernen muß.

Befüllen mit dem Pflanzenmaterial

Auf den Kessel die Kolonne stecken und dann mit dem kleingeschnittenen Pflanzenmaterial, in unserem Fall mit der eingeweichten Orangenschale, befüllen.

Festdrücken

Die Kolonne mit soviel Pflanzenmaterial befüllen wie nur möglich! Je mehr und je dichter es ist, desto gehaltvoller wird das Hydrolat – denn der Wasserdampf muß sich dann seinen Weg durch die Pflanzen richtig erkämpfen und damit wird auch mehr ätherisches Öl „mitgerissen“.

Destillations-Hut aufsetzen

Den Hut auf die Kolonne aufsetzen und gut festdrücken.

Wasserkühlung vorbereiten – Teil 1

Da der Wasserdampf zu flüssigem Hydrolat werden soll, braucht es eine Kühlung. Bei dieser kleinen Destille recht es, wenn ein kleines Wasserbecken oder ein Putzeimer als Kühlwasserreservoir verwendet wird. Das Kühlwasser muss natürlich zirkulieren, ansonsten würde es im Kühlbecher sehr schnell so heiß werden, dass nur Hydrolatdampf statt Hydrolat austreten würde.
Für diesen Kühlkreislauf braucht man 2 Silikonschläuche.

Wasserkühlung vorbereiten – Teil 2

Ein Schlauch führt von der Wasserpumpe (siehe Bild unten) an den unteren (!) Eingang des Kühlbechers, der andere führt vom oberen Ausgang des Kühlbechers wieder zurück zum gewählten Wasserreservoir. Die Silikonschläuche müssen so weit wie möglich auf Ein- bzw. Ausgangsrohr des Kühlbechers geschoben werden und fest sitzen, sonst rutscht alles bei der Inbetriebnahme des Kühlkreises ab.

Kühlwasser-Pumpe

Damit das Kühlwasser durch den Silikonschlauch überhaupt zirkulieren kann, braucht es dafür eine kleine Pumpe. Wir haben dieses Teil im Bild im Baumarkt gefunden – im Bereich Aquariumpumpe. Im Bild sieht man, wie der Silikonschlauch in den Ausgangsschlauch der Pumpe geschoben werden muß, um ihn zu befestigen.
Ist alles verbunden, kommt die Pumpe ins Wasserbecken – unter die Wasseroberfläche! Nimmt man die Pumpe ohne Wasser in Betrieb , geht sie schnell kaputt.

Hilfreicher Tipp

Seit wenigen Wochen kann man bei Destillatio ein Zubehör-Set für 29 Euro bestellen, welches eine geeignete Pumpe, den passenden Silikonschlauch in genügender Länge, ein Teflonband zum Abdichten, ein Wasserbecken mit 10 Liter Inhalt und sogar einen Meßzylinder zum Auffangen des Hydrolats und ein Schwimmthermometer beinhaltet. Damit hätten wir damals viel Zeit und Geld gespart, als wir mühsam alles in diversen Geschäften zusammengesucht haben. Das ist echt eine tolle Dienstleistung!

Kühlbecher

Der Kühlbecher wird mit Hilfe des Übergangsrohr-stücks mit dem Hut verbunden (siehe übernächstes Bild) und etwas erhöht aufgestellt, damit das Hydrolat dann aus dem kleinen Ausgang austreten und aufgefangen werden kann. Beim Einschalten der Pumpe wird sich der Kühlbecher von unten nach oben mit dem Kühlwasser füllen – die Kunst ist es, die Pumpe so einzustellen, dass das Kühlwasser durch den Schlauch gepumpt wird, aber der Kühlbecher nicht überläuft. Ist etwas tricky! 🙂

Abdichten der Destille

In der Destillations-Literatur findet man einige Möglichkeiten des Abdichtens beschrieben. Ich habe es schon mal ausprobiert mit etwas angefeuchtetem Roggenmehlbrei – das Resultat war sehr überzeugend, die Destille dicht, aber nach dem Destillieren habe ich die eingetrockneten Breireste, die im Prinzip wie gebacken wurden durch die Hitze, kaum mehr von der Destille entfernen können, und dies nur mit dem Bruch zweier Fingernägel.
Daher rate ich, Teflonband zu verwenden – dieses ist im Zubehörset schon mit dabei, ansonsten findet man es in Baumärkten. Teflonband ist äußerst einfach zu befestigen, hält wunderbar dicht und ist auch wieder problemlos zu entfernen.
Verzichtet man auf die Dichtung, tritt einiges an Wasserdampf (mit ätherischen Ölen) aus und man gewinnt weniger und vor allem weniger gehaltvolles Hydrolat.

Abzudichtende Stellen

Hier sieht man schön die vier notwendigen Stellen zum Abdichten, am besten mit Teflonband:
1. zwischen Kessel und Kolonne
2. zwischen Kolonne und Hut
3. zwischen Hut und dem Verbindungsteil
4. zwischen dem Verbindungsteil und dem Kühlbecher

Am wichtigsten ist das Abdichten von Punkt 3 und 4 – dort findet ansonsten der größte Verlust statt!

Destillationsapparatur komplett

So könnte die fixfertige Destillationsapparatur mit allem drumherum aussehen – ein guter Trick ist die Schublade mit dem Kühlbecken, weil mit dem Gefälle das Wasser vom Kühlbecher problemlos
zurückläuft.
Als Heizquelle habe ich hier eine Mini-Kochplatte (auch von Destillatio), es funktioniert aber auch mit einer größeren Herdplatte oder mit einem Gaskocher. Ist der Kühlwasserkreislauf in Betrieb, kann man mit dem Aufheizen der Destille beginnen. Es kann losgehen!

Juhui – der erste Hydrolat-Tropfen ist da!

Beim Aufheizen merkt man, wie allmählich die ganze Destille heiß wird – zuerst die Kolonne, dann der Hut, dann das Verbindungsstück und – endlich – fällt der erste, heißersehnte Tropfen Hydrolat ins Auffanggefäß. zu dem Zeitpunkt lohnt es sich, die Wärmequelle zu drosseln und die Destillationsge-schwindigkeit damit etwas zurückzunehmen – eine bessere Hydrolatqualität ist der Dank dafür.
Achtung: die Destille wird sehr heiß – also nicht mit bloßen Fingern berühren!

Hydrolat und ätherisches Öl

Schon bald füllt sich das Auffangglas mit Hydrolat und obendrauf schwimmend werden die ersten Tropfen ätherisches Öl erkennbar sein. Das ist das ätherische Öl, was schon über der Wasserlöslichkeit liegt: das Hydrolat selber enthält ätherisches Öl, aber eben nur soviel, wie es aufnehmen kann, der Rest schwimmt obenauf als mehr oder weniger reines ätherisches Öl. Bei der Orangenschale oder dem Rosmarin, Lavendel, der Minze wird das ähnlich viel sein, bei Pflanzen mit geringem ätherischen Öl-Gehalt wie der Melisse nichts oder fast gar nichts.

Ausbeute

Aus 400 ml eingesetztem Wasser kann man ca. 300 ml feinstes Hydrolat gewinnen! Wenn 300 ml Hydrolat rausgeflossen sind, muss man die Wärmequelle abstellen und die Destille herunternehmen. Destilliert man weiter, besteht die Gefahr, dass die Destille trockenläuft, also kein Wasser mehr im Kessel zur Verfügung steht. Dann verkohlt sie innen und wird im schlimmsten Fall unbrauchbar.
Die ersten 10-20 ml Hydrolat fange ich getrennt auf und schütte nicht alles zusammen, denn dieser sog. Vorlauf riecht oft etwas streng, so dass ich ihn meistens nicht weiter verwende.
Setzt man eine Pflanze mit hohem Ätherisch-Öl-Gehalt ein, so kann man das obenauf schwimmende Öl mit Hilfe einer Pipette vorsichtig abziehen und gesondert aufbewahren. Riesige Mengen an ätherischem Öl dürfen mit der kleinen Destille nicht erwartet werden, aber die Hydrolate werden richtig klasse!

Pflanzenwässer oder Hydrolate sind im Schnitt ungefähr ein Jahr haltbar, Hydrolate aus Zitrusfrüchten meist nur 6 Monate. Die Aufbewahrung ist am besten in Glasflaschen in einem dunklen und kühlen Raum.
Was man mit Hydrolaten Tolles herstellen kann, ist im schönen Buch von Susanne Fischer Rizzi „Das große Buch der Pflanzenwässer“ zu finden.

Die Saison der Kräuterdestillation kann beginnen – viel Freude beim Destillieren und Ausprobieren wünscht

Cornelia Stern